Neue Meisterhäuser Dessau – ein Abguss der Erinnerung

Letztes Jahr wurde am Bauhaus Jubiläum gefeiert. 100 Jahre Bauhaus. Zeit zurück zu blicken, sich zu erinnern und neu zu ewerten, was das eigentlich war, dieses Bauhaus. Neue Bauhausmuseen in Dessau und Weimar wurden gebaut und eröffnet und im ganzen Land fanden kleine und große Ausstellungen, Rungänge, Workshops und Architekturbesichtigungen statt. Ich habe den Anlass genutzt und vor ca. einem Jahr eine kleine Bauhaustour durch Dessau und Weimar gemacht. Beeindruckt hat mich dabei vor allem die Meisterhaussiedlung in Dessau, insbesondere die Neuen Meisterhäuser und ihr Umgang mit Erinerung. Denn in der Meisterhaussiedlung, wie sie sich heute präsentiert steckt ein gutes Stück Geschichte. Und erzählt wird nicht nur was war, sondern auch der Umgang mit dem Vergangenen und unserer heutiger Blick darauf werden thematisiert. Die neuen Meisteräuser in Dessau sind Auslöser einer großen denkmalpflegerischen Debatte gewesen und nicht zuletzt lässt sich aus erinnerungstheoretischer Perspektive eine spannende Verbindung zu den Häusern finden.

Ich war da! Vor der Trinkhalle von Mies van der Rohe in am Eingang der Meisterhaussiedlung in Dessau.

Die Geschichte der Meisterhäuser – modern und gemeinschaftlich wohnen

Aber fangen wir erstmal mit den „alten“ Meisterhäusern an. 1926 zog das Bauhaus von Weimar nach Dessau. Dem Direktor Walter Gropius war in Gesprächen mit der Stadt zugesichertworden, dort ein Schulgebäude sowie eine Reihe von Stadtvillen für die Lehrer des Bauhauses zu erreichten. Für die Wohnhäuser war ein ein Grundstück an der Ebertallee, nordwestlich der Dessauer Altstadt und inmitten eines Kiefernwäldchens ausgesucht worden. Dort entstanden in den Jahren 1925-26 drei Doppelhäuser sowie eine Direktorenvilla. Alle Häuser waren bis 1933 durchgehend von den Direktoren bzw. Lehrern des Bauhauses bewohnt und werden bis heute nach den ersten Mietern bezeichnet (Haus Gropius, Haus Mohly-Nagy/Feininger, Haus Muche/Schlemmer, Haus Kandinsky/Klee).

Die Meisterhäuser zeichnen sich durch die serielle Ästhetik und Gropius Vorstellung einer „Baukasten Architektur“ aus. Aus weißen Kuben zusammengesetzt, mit großen Fenstern und flachen Dächern und weit hervorkragende Balkone sind die Meisterhäuser ganz der Bauhausidee verpflichtet, Ästhetik und Funktionalität zu vereinen. Alle Doppelhaushälften haben den gleichen Grundriss, allerdings ist jeweils eine Hälfte um 90 Grad gedreht und gespiegelt. Es werden also immer die gleichen Bauteile verwendet, dennoch entsteht keine Monotonie. Eine gesunde Umgebung, Licht, Luft, Ruhe aber auch technischer Komfort bedeutsam und wurden von Anfang an mitgeplant. Gleichzeitig waren die Villen aber auch da um zu repräsentieren und so ist in allen Meisterhäusern, das Atelier der zentrale Raum, der mit großen Fenstern zu Straße hin besondere Aufmerksamkeit bekommt.

Weiße Kuben im Kiefernwald – Die Meisterhaussiedlung in Dessau

Nachdem das Bauhaus 1933 von der Regierung der NSDAP nach Berlin verlegt und kurzdarauf aufgelöst wurde, wohnten führende Mitarbeiter der Junkerswerke in den Häusern. 1945 wurde das Haus Gropius sowie das nebenstehende Doppelhaus Moholy-Nagy von einer Bombe getroffen und zerstört.

Von den Bewohnern, die nach dem zweiten Weltkrieg in den Meisterhäusern lebten, wurden viele Bauliche Veränderungen vorgenommen, Fenster verkleinert und Türen ausgetauscht. Die architekturhistorische Bedeutung wurde vernachlässigt. Auf dem Sockel des Hauses Gropius entstand 1956 das Haus Emmer, ein Einfamilienhaus mit Satteldach das als Antithese zu Gropius Architektur gelesen werden kann. Tatsächlich plante die Familie ursprünglich einen Neubau, der sich an der Direktorenvilla orientierte, dieser wurde allerdings nicht genehmigt, weil der Bebauungsplan für die Ebertallee, Satteldächer vorschrieb. An vielen Stellen folgte Haus Emmer der Struktur der Direktorenvilla. Der Grundriss ist ähnlich, und auch einige Bauteile wurden (auch aus Kostengründen) wieder verwertet. Erhalten bleiben das Sockelgeschoss, die Garage sowie die Umfassungsmauer mit der Trinkhalle von Mies van der Rohe, die allerdings 1972 abgerissen wurde, zwei Jahre bevor die Meisterhaussiedlung unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Denkmalpflegerische Diskurse – wie wollen wir uns erinnern?

Wirkliches Interesse an den Bauten kam erst nach der Wende wieder auf. In den 90er Jahren (1993-2002) wurden die Restaurierung der Häuser zum Auftakt einer denkmalpflegerischen Diskussion: Welche Zeitschicht sollte überdauern? Sollte der „Ursprungszustand“ wieder hergestellt werden, um die künstlerische und architekturgeschichtliche Bedeutung der Bauten wieder erlebbar zu machen? Oder sollte der aktuelle Zustand erhalten bleiben, mit allen Verlusten und Veränderungen, um auch den Umgang mit den Bauten in den letzten 60 Jahren, an dem der Umgang von vier politischen Systemen mit der Moderne insgesamt abgelesen werden kann, als geschichtliches Zeugnis zu dokumentieren? Es ging um die Grundwerte der Denkmalpflege: Denkmalwert gegen Kunstwert.

Erst bei der Restaurierung in den 90er Jahren wurden die Farbflächen an der Fassade wieder entdeckt.

Als leitende Zeitschicht einigte man sich schließlich auf die 1920er Jahre, gab also dem Kunstwert gegenüber dem Denkmalwert den Vorzug. Im Zuge der Restaurierung wurde auch die Farbflächengestaltung im Innen und Außenraum wiederentdeckt, die von den Künstlern selbst entworfen worden waren. In den Häusern Klee und Kandinsky lassen sie sich heute noch erkunden und rütteln nachhaltig am Bild der Moderne in schwarz-weiß.

1996 wurden die Meisterhäuser auch in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen. Das Ensemble bestand nun aus dem Haus Emmer, das auf dem Sockel der Direktorenvilla errichten worden war, der Lücke, die der Abriss des im Krieg zerstörten Haus Mohly-Nagy hinterlassen hatte, sowie den fünf restaurieren Doppelhäusern.

Aus Sicht der Denkmalpflege hätte alles so bleiben können. Haus Emmer und die Lücke der verschwundenen Doppelhaushälfte, das war das Denkmal“

Ulrike Wendland, Landeskonservatorin von Sachsen-Anhalt

In der Kontroverse um die Resaturierung wurde auch diskutiert, wie mit der Baulücke und das Haus Emmer umzugehen sei und wie ein Erhalt bzw. eine zeitgenössische Rekonstruktion aussehen könnte. 2006 entstanden die ersten Pläne für einen Wiederaufbau der Villa Gropius sowie des Hauses Mohly-Nagy.

Nach langer Kontroverse und einem erfolglosen Wettbewerb 2008 wurde 2010 ein weiterer Wettbewerb ausgeschrieben. Das besondere: Er verlangte von den Bewerbern nicht nur einen Entwurf, sondern eine architektonische Haltung wie die Aufgabe der „städtebaulichen Reperatur“ zu lösen sei. Bruno Fioretti Marquez Architekten entwickelten daraufhin das Konzept der „präzisen Unschärfe“ und beantworteten damit die Frage wie die Verbindung von historischen Bauteilen und zeitgenössischen Architekturkommentaren gelingen kann. Die verschwommene Erinnerung wurde zum architektonischen Erinnerungskonzept.

Die neuen Meisterhäuser – eine unscharfe Erinnerung

Von 2010 bis 2014 realisierte das berliner Büro der Architekten Piero Bruno, Donatella Fioretti, José Gutierrez Marquez, die neuen Meisterhäuser in Dessau (mehr Bilder und Grundrisse hier). Aubauend auf dem noch erhalten Sockelgeschoss der Direktorenvilla wurde Haus Gropius der Form nach rekonstruiert, Haus Moholy-Nagy entstand in direktem Anbau an das Nachbarhaus. Beide Neubauten wurden allerdings in grauem, unverputzem Dämmbeton realisiert, der scheinbar ohne jegliche Nahtstellen auskommt. Die Proportionen und Öffnungen wurden in ihrer ursprünglichen Position übernommen. Dabei liegen die Fenster bündig in der Fassade und bekommen durch die undurchsichtigen Scheiben in schwarzen Metalrahmen einen graphischen Charakter, der sich auf die gesammte Architektur auswirkt.

Die Annäherung an die architektonische Haltung der „präzisen Unschärfe“ erfolgte dabei durch die Beschäftigung mit historischen Zeugnissen und Dokumenten. Die Fotos der Häuser von Ise Gropius und Lucia Moholy, die das kollektive Gedächtnis geprägt haben, fanden dabei ebenso Beachtung wie ein Foto von einem Gipsmodell der Häuser, dass Gropius im Entwurfsprozess anfertigte. Außerdem beschäftigten sich die Architekten mit den der Fotoserie „Architecture“ von Hiroshi Sugimoto, die sich mit der Frage beschäftigt, wie stark ein Bild verfremdet werden kann, ohne dass das dargestellte Objekt unkenntlich wird.

Nicht die unmittelbare Umsetzung eines architektonischen Konzeptes, sondern eine Reflexion übder die Bedeutung der Aufgabe bildete daher den Ausgangspunkt unserer Auseinandersetzung mit dem Thema.“

Bruno Fioretti Marquez Architekten
Neue und Alte Meisterhäuser grenzen nahtlos anneinander und sind doch klar vonneinander zu unterscheiden.

Im Ergebnis zeigt sich diese Auseinandersetzung insbesondere in der klaren Unterschiedung von Reparatur und Bestand. Auch wenn die die neuen Meisterhäuser in ihreren Proportionen an den Vorgängern orientieren, wird durch die die Wahl von Material und Textur, insbesondere aber durch die starke Reduktion jeglicher Details die Erkennbarkeit von altem und neuem erreicht. Die horizontale und vertikale Nahtstelle, die den Neubau jeweils vom Bestand abgrenzt ist zwar fugenlos angegossen (und damit übrigens auch nicht reversibel), zeigt die Unterscheidung aber besonders klar. Die Strategie der Vergenwärtigung von Vergangenem durch die Kombination von historischen Bauteilen mit zeitgenössischen Architekturkommentaren geht auf: Die Lesbarkeit des Ensebles wird deutlich erhöht.

Ist das kollektive Gedächtnis kommunikativ? – sich zu erinnern, bedeutet zu rekonstruieren

Seitdem ich mich in meiner Masterarbeit intesiv mit der Frage beschäftigt habe, wie sich Erinerungskonzepte in Architektur ausdrücken lassen und welchen Umgang Architektur wiederum mit Erinnerungsorten finden kann, interessiert mich dieses Thema natürlich besonders. Die Auseinandersetzung mit dem Museum Kolumba von Peter Zumthor und dem Jüdischen Museum Berlin von Daniel Libeskind haben dabei zwei sehr unterschiedliche Umgangsweisen gezeigt. Allerdings ist die Auseinandersetzung mit Erinnerungskonzepten von den Architekten in beiden Fällen nicht deutlich benannt worden.

Bruo Fioretti Marquez hingegen machen Erinerung zum Gegenstand ihres Konzeptes und damit auch zum Gegenstand ihrer architektonischen Planung und Umsetzung. Ihre Wortwahl von „präziser Unschärfe“, ihre Arbeit mit Fotos und Zeichnungen erinnern dabei an einen Erinnerungstheoretischen Ansatz, der sich genau mit diesem Phänomen beschäftigt. In seinem Konzept vom „kommunikativen Gedächtnis“, beschreibt Harald Welzer wie sich die Erzählung unserer Erinnerung im Austausch mit anderen immer wieder neu zusammensetzt und weiterentwickelt.

Wir betrachten das Vergessen, als unausweichlichen Bestanteil unserers Erinnerns. Erinnerungen leben von Ungenauigkeiten und Unschärfe. Wir können diese Ungenauigkeiten nicht ignorieren; wir müssen mit dieser Unschärfe arbeiten, um den richtigen Tonfall für diese Aufgabe zu finden.“

Bruno Fioretti Marquez Architekten

Der Begriff des kommunikativen Gedächtnisses wurde zuerst von Aleida und Jan Assmann genutzt um zwei Arten des kollektiven Gedächtnisses voneinander abzugrenzen: Das kulturelle Gedächtnis und das kommuniktive Gedächtnis. Unter kulturellem Gedächtnis werden dieser Definition nach Objekte wie Bücher, Musik, Kultgegenstände oder auch Gebäude verstanden, die in sich Erinnerungen speichern und noch Generationen später wieder entschlüsselt werden können – vorrausgesetzt, die Rezeptionstechniken, also die „Entschlüsselungstechniken“ sind noch bekannt. Das kommunikative Gedächtnis hingegen ist viel kurzlebiger und auch flexibler, denn es wird mündlich überliefert. Im klassischen Sinn umfasst es drei Generation, die gemeinsame Erinerungen austauschen und auf diese Weise weiter geben. Es ist also an eine bestimmte Gruppe gebunden und viel stärker emotional geprägt, als das kulturelle Gedächtnis.

Blick auf die ersten beiden Doppelhäuser, ganz vorne das rekonstruierte Haus Mohly-Nagy.

Harald Welzer entwickelte den Begriff entscheident weiter und stellt dabei insbesondere heraus, wie sich individuelle Erinnerungen durch den Austausch mit anderen verändern. Sich zu erinnern ist also eine konkrete Handlung. Es bedeutet interaktiv, im Austausch mit anderen eine gemeinsame und doch individuelle Vergangenheit zu rekonstruieren. Erst so wird das Vergangene lebendig. Eine ständige Veränderung des Vergangenen ist dabei immer mitgedacht, den die individuellen Erfahrungen, die jeder einzelne in die Erzählung miteinbringt, formen den Gegenstand der Erinnerung immer neu. Dafür muss die Erzählung der Erinnnerung notwendigerweise Leerstellen aufweisen, die eine individuelle Interpretation des Geschehenen zulassen.

Auch Umberto Eco, weißt als Zeichenwissenschaftler daruf hin, dass der Leser einem Text nicht nur Informationen entnimmt, sondern auch Leerräume auffüllt und sozusagen Merkmale „importiert“. Ein gutes Beispiel dafür, sind Übersetzungen, die eben nicht wortwörtlich ausfallen dürfen um den Sinn des Textes nicht zu verfälschen. (Wer mit diesen Gedanken im Kopf den Weltbestseller „Der Name der Rose“ von Eco liest, wird ihn wohl auch noch einmal neu entdecken ;))

Neue Erinnerungen schaffen – die „Erzählung Meisterhäuser“ weiterschreiben

Einen ähnlichen Vorgang finden wir auch in dem oben zusammengefassten denkmapflegerischen Diskurs. Denn jede Rekonstruktion ist ein Neubau. Auf der Grundlage von Fotos ist das Original nicht mehr herstellbar. Und hier entsteht die denkmalpflegerische Frage nach dem Denkmal- und Kunstwert. Etwas „originalgetreu“ zu rekonstruieren, bedeutet etwas wieder herzustellen, das es vorher nicht gab. Mit dem Konzept der „präzisen Unschärfe“ greifen Bruno Fioretti Marquez aber genau diese Ungenauigkeit auf, die jeder Erinnerung enthällt. Und nochmehr: Sie lassen in dem Bau genung Leerstellen, die der Besucher mit eigenen Assoziationen füllen kann. Das reduzierte Design bleibt skizzenenhaft und offen.

Die Auskragung an Haus Gropius konnte 1926 noch nicht ohne Stütze verwirklicht werden – 2014 schon.

Gleichzeitig bringen die neuen Meisterhäuser einige eigene und neue Gedanken in die „Erzählung Meisterhäuser“ ein: Am Haus Gropius gab es ursprünglich hinten einen auskragenden Teil, der in den 20er Jahren nur mit einer Stütze abgefangen werden konnte. Gropuis lies diese Stütze mit schwarzem Glas verkleiden, um sie so optisch zum verschwinden zu bringen. 2010 ist dies nicht mehr nötig, das Obergeschoss kragt also planmäßig einige Meter über das Erdgeschoss heraus. Wird die Erinnerung an die schwarze Säule nun negiert und dem Vergessen anheim gegeben? Oder bietet die neue Erzählung, mit neuen Mitteln eine erweiterte, angepasste und konkretisierte Form, der alten Idee?

Die innere Struktur wurde in den neuen Meisterhäusern komplett aufgelöst.

Auch die innere Struktur der neuen Meisterhäuser ist in diesem Punkt zu betrachten. Wie schon Gropius, ist die die innere Struktur nicht von außen abzulesen. Bruno Fioretti Marquez gehen noch einen Schritt weiter und lösen die innere Struktur vollständig auf. Damit eröffnen sie aber auch neue Blickwinkel und Perspektiven, die in den alten Meisterhäusern schlicht durch Wände verstellt waren. Gleichzeitig wird durch die Zusammenarbeit mit Olaf Nicolai das Zusammenspiel von Licht, Architektur und künstlerischer Gestaltung betont, dass ja die Meisterhäuser insgesamt seit ihrer Entstehtung prägte. Unter dem Titel „le picment de Lumierè“ beschäftigt sich Nicolai mit der Materialität von Oberflächen und mit Licht als theoretischem Konzept, wobei er sich hier insbesondere auf Moholy-Nagy bezieht, dessen Haus ja zu den rekonstruierten gehört. In Mustern und Rhythmen ist der Putz dünn auf die Wand aufgetragen, so dass durch das Lichtspiel der Fenster verschiedene Reflexionen sichtbar werden. Eine Form der Gestaltung, die sich an Vergangenem orientiert, diese aufgreift, weiterdenkt und gleichzeitig offen für eine neue Betrachtung bleibt.

Fazit:

Architektur, die sich mit Erinnerung auseinanderzetzt, sei es an einem historischen Ort oder im Einbeziehen historischer Bauwerke, braucht eine architektonische Haltung, die verantwortungsvoll mit dem kulturellen Erbe umgeht, es weder negiert noch wiederholt. Bruno Fioretti Marquez wählten den Weg einer „unscharfen Rekonstruktion“, der sich als ein Weiterdenken der architektonischen Konzepte vom Bauhaus unter Gropius erweist. Die neuen Meisterhäuser passen sich damit in einen erinnerungstheoretischen Diskurs ein und können aus der Idee des kommunikativen Gedächtnisses heraus verstanden werden. Die Architektur erfüllt damit die in der Charta von Venedig formulierte Forderung, das sich hinzugefügte Teile, sowohl „abheben und den Stempel unserer Zeit tragen“ (Art. 9) sowie sich ebenfalls „harmonisch einfügen“ (Art. 12).


Literatur:

Bauhaus Dessau, Stiftung (Hg.): Neue Meisterhäuser in Dessau. Debatten. Positionen. Kontexte. Leipzig 2017

Bauwelt 22.14, 105 Jahrgang, Berlin 2014 (Titel Thema: Neue Meisterhäuser)

Lutz Schöbe, Wolfgang Thöner [Stiftung Bauhaus Dessau (Hg.)]: Bauhaus Dessau. Die Sammlung. Bielefeld 2019.

Wolfgang Thöner, Monika Markgraf [Stiftung Bauhaus Dessau (Hg.)]: Die Meisterhäuser in Dessau. (Bauhaus Taschenbuch 10), Leipzig 2014. (Das Zitat von Ulrike Wendland ist dem Artikel „Die Unscharfe Moderne“ entnommen und findet sich auf Seite 256. Die Zitate von Bruno Fioretti Marquez Architekten sind aus dem Artikel „Memoria und Unschärfe“ S. 287 – 304)

zur Erinnerungstheorie

Assmann, Aleida: Funktionsgedächtnis und Speichergedächtnis – Zwei Modi der Erinnerung, in: Kristin Platt und Dabag, Mihran (Hg.): Generation und Gedächtnis. Erinnerungen und kollektive Identitäten. Wiesbaden 1995a, S. 169–185.

Assmann, Aleida: Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses (C.H. Beck Kulturwissenschaft), München 1999

Assmann, Jan: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen (Beck’sche Reihe, 1307), München 2005.

Welzer, Harald: Das kommunikative Gedächtnis. Eine Theorie der Erinnerung (Beck’sche Reihe, 1669), München 2008.

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